Neuntes Hauptstück.
652
cingetori.r selbst zur Unterwerfung, und in Nenn wurde
ein 20tägiges Dankfest gefeiert. Casars Denkwürdigkeiten
verbreiteten merkwürdige Nachrichten über zuvor unbe-
kannte Gegenden und Volksstämme. An den Rhonemün-
dungen, wie in einem Thcile Oberitaliens, wohnten L i-
gurier, bis zur Garonue Aguitanier oder Armvrikc r,
zunächst den spanischen Jberieru verwandt, und zwi-
schen Garonue und Seine die eigentlichen Gallier. Diese
waren in kleine Völkerschaften getheilt, welche unter Kö-
nigen standen, übrigens eine aristokratische Verfassung
hatten: in Versammlungen der Edeln wurde alles Wich-
tige berathen: der Gemeine galt kaum etwas mehr als
ein Sklave. Früher hatten die Bituriger, hierauf die
Aulerker, daun die Ar ver n er, endlich die Aedu er
über die andern Völkerschaften eine Art von Patronat
geübt, so das; der schwächere Thcil von dem mächtiger«
geschützt wurde und dafür diesem im Kriege beistand.
Uebrigcns waren sie seit längerer Zeit häufig untereinan-
der selbst in Fehden verwickelt. Groß und stark, wüthcnd
beim Angriffe, aber keineswegs zur Ausdauer geschaffen,
führten sie ungeheure Schwerter ohne Spitze, und trugen
lange, auf dem Hinterhaupt zusammengebundne Haare; ihre
Kleidung bestand des Sommers in einem dünnen, des
Winters in einem dichter« gestreiften Oberkleide und in
weiten, bis an die Füße reichenden Hosen, die sie Braccas
nannten. Wichtige und unwichtige Neuigkeiten, Alles,
was ein Augekommner zu erzählen wußte, riefen sie auf
offnem Felde, Einer dem Andern, zu; denn das ganze Volk
war neugierig und abergläubisch. Den Aberglauben un-
terhielt der zaubersüchtige Pricstcrorden der Druiden,
welcher, wie es scheint, durch gehcimnißvvlle Kräfte den
Mond herunterziehen zu können behauptete, übrigens aus
einer Art von Scelenwandevung schöne Beweggründe zur
Tugend und Todesverachtung ableitete. Jeder, der nicht
/
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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674
Erstes Hñiiptstück.
oder 200sten Theils vom Wertste aller auf dem Markt
oder bei Auctionen verkauften Gegenstände, sowie eine
Erbschaftssteuer von 5 Procenten ein, falls nämlich die
Summe von einiger Erheblichkeit und der Erbe kein näch-
ster Verwandter väterlicherseits wäre: eine nicht un-
billige Maßregel; denn da der römische Vater dem Sohne
nur ein Viertel zu vermachen brauchte, so nahm die schnö.
dcste Erbschleicherei überhand. Schade , daß der Finanz-
entwurf verloren ist, welchen Angnstns dem Senate hin-
terlassen hat! Neuere Schätzungen der Jahreseinkünfte
des römischen Reichs schwanken zwischen 140 und 360
Millionen. Obgleich Angnstns von dem Grundsätze aus-
gieng, daß mit der Ferne Kosten und Gefahren der Er-
oberung wachsen, die Vortheile hingegen sich verringern,
wurden dennoch unter seiner im Ganzen friedlichen Re-
gierung die Gränzen durch beträchtliches Vorrücken abge-
rundet : in Kleinasten kam Galatien, in Europa Moesia
superior und inferior (Servien und Bulgarien), ferner
Pannonien ( Ungarn am rechten Donannfer nebst Krain,
Stavonien und einem Theite Kroatiens), Noricum oder
Kärnthen, Steiermark und Oestreich, sammt Vindelicien
und Rhätien oder dem Lande zwischen Alpen, Inn und
Donau hinzu, so daß letztgenannter mächtige Strom auf
seinem ganzen Laufe den Nordrand des Reiches bespülte.
Während in Vindelicien Regensburg (Castra regina) und
Augsburg (Augusta Yindelicorum) befestigt wurden, er-
standen an beiden Ufern des Rheins mehr als 50 Ka-
stelle, worunter Moguntiacum oder Mainz, und große
Heerzügc nach Osten sollten das Reich von der Gefahr
befreien, welche die feindliche Nachbarschaft der blauäugi-
gen, hochblonden Germanen drohte. Nachdem Dru-
su s, Stiefsohn des Imperators, in dem Jahre 9 mehr-
mals ins innere Deutschland, einmal sogar an die Elbe
vorgedrungen, während des Rückzugs aber in Folge eines
Sturzes vom Pferde gestorben war, gelang es der Arg-
list seines ältern Bruders Tiberius, das Land zwischen
Rhein und Weser den römischen Waffen zugänglich und
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz]]
Das Zeitalter des Augnstus. 675
gewissermaßen unterthan zu machen. Der suevische Fürst
Marbod, der ein ähnliches Schicksal befürchtete, wän-
derte daher mit seinen Marcomannen von den Wohn-
sitzen zwischen Main und Neckar aus, um in dem bcrgum-
schloßncn Bojenhcim oder Böhmen ein sichres Reich zu
gründen. Arminius aber, Sohn Sigmars, aus
dem Stamme der an beiden Ufern der Weser seßhaften
Cherusker, von August mit der Bürger- und Rit-
terwürde geehrt, weil er unter römischer Fahne sich aus-
gezeichnet hatte, überfiel im Herbste 9 nach Christus mit
seinen Stammgenossen, mit Brukterern von der Lippe,
mit Marsen aus dem Osnabrückifchen und mit Chatten
oder Hessen im teutoburger Walde den habgierigen Statt-
halter P. O.uintilius Barus, der in Germanien wie in
Syrien brandschatzen wollte und gegen freigeborne Deutsche
mit Ruthen und Beilen wüthete: 5 Legionen und 6 Co-
hvrtcn wurden vernichtet. Umsonst rief Augustus in un-
gewöhnlicher Bewegung: ,,Barns, Barus, gib mir meine
Legionen wieder!" umsonst bot Germanicus, Sohn
des Drusus, vermählt mit Agrippas Tochter A g r i p-
pina, in den Feldzügen von 15 und 16 Muth, Klug-
heit und große Strcitkräfte auf: zwar mußte Hermanns
gefangne Gattin T h u s n e l d a, Tochter des römisch gesinn-
ten Cheruskcrs Si ge fies, mit ihrem 3jährigen Knaben
dem Wagen des Triumphators folgen; aber Hermann
hatte in zwei blutigen Schlachten das Vaterland gerettet.
Tiberius, jetzt Imperator, kehrte zur List zurück: „man
könne die Deutschen innerst' Zerwürfnissen überlassen."
Im Jahre 17 stritt Hermann an der Spitze des Cherus-
kcrbundes, dem auch die suevischen Stämme der Sem-
nonen und Longobarden beitraten, irt zweifelhaftem
Treffen gegen Marbod: dieser suchte Hülfe bei den Rö-
mern ; statt dessen ward ein von ihm beleidigter Gvthe,
Namens Katwald, angcstistet, die marcomannischen
Großen zu gewinnen und der Hauptstadt sich zu bemäch-
tigen, so daß der stolze Fürst seine Tage als Flüchtling
zu Ravenna beschließen mußte. Hermann aber hatte,
45*
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T88: [Sohn Vater König Tod Kaiser Tochter Bruder Jahr Mutter Gemahlin], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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Extrahierte Personennamen: August P._O.uintilius_Barus Augustus Germanicus Muth Hermann Tiberius Hermann Marbod Namens_Katwald Hermann
Extrahierte Ortsnamen: Main Bojenhcim Christus Hessen Germanien Syrien Ravenna
693
Zweites Hauptstück.
kämpfte auf der gefrornen Donau; bei Gran in Ungarn
von den Quaden umzingelt, war Marc Aurel aus Was-
sermangel nahe daran, sich zu ergeben; doch ein unerwar-
tet heftiger Platzregen stärkte seine Soldaten zum Sieg.
Was für Verlust die Römer erlitten, geht daraus her-
vor, daß die Jazygen beim Abschlüsse eines Vertrags
100,000 Gefangne auslieferten. Und noch, nach 14 Jah-
ren, dauerte der Marcomannenkrieg fort, als der edle
Kaiser den 17. März 180 zu Vindobona starb und das
Glück des Römerreichs mit sich ins Grab nahm. Denn
nur durch ausgezeichnete Regenten konnte die Lage der Unter*
thanen erträglich gemacht werden, und fämmtliche Merkmale
bereits vorhandnen Wohlstandes, den man blos zu erhal-
ten gebraucht hätte, lösen sich in Täuschung auf. Mit
Staunen allerdings sehen wir die herrlichen Länder vom
Euphrat bis zum atlantischen Ocean, von der Sahara
bis zur Nordsee, wie dicß im ganzen Lauf der Geschichte
nie wieder der Fall wird, zu einem Reiche verknüpft,
den Verkehr zwischen den entferntesten Punkten durch
schöne Straßen und das dazwischenfluthende Mittelmeer
erleichtert, die Schiffarth in lebhaftem und sicherm Gange,
Waarcn unmittelbar aus Indien geholt, überall den glei-
chen auf Gesetze begründeten Rechtsznstand, denselben
wohlgeglicderten Organismus, Pferde stativnenwcise bereit,
um des Kaisers Befehl schnell nach allen Weltgegenden
zu tragen, Prachtgebäude jeder Art über vorher barba-
rische Regionen zerstreut, und zwei Sprachen mit klassi-
scher Literatur, die griechische im Osten, die lateinische im
Westen einheimisch geworden; aber auch die Abgaben
durch kostspieligere Verwaltung und Bcamtensold ins Un-
erschwingliche gesteigert, Kloaken- und Wasserleitungen
besteuert, Statthalter- und Dienerschaarcn, die auf Er-
pressung lauern, sobald der Vorgesetzte sie gewähren läßt,
die cdeln Metalle in wenigen Familien angehäuft, den
Güterbesitz in ungleiche Massen vertheilt, die meisten Land-
leute zu sogenannten Kolo neu herabgedrückt, welche
fremdes Eigenthum gegen Zehntgebühr anpflanzen, die
Bevölkerung durch Seuchen, Kriege, Gewaltthaten und
/
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T192: [Italien Reich Gallien Volk Land Römer Donau Hunnen Jahr König], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen]]
698 Zweites Hauptstück.
Gordian fand allgemeinen Beifall und trieb sodann mit
Hülfe des prätorianischcn Präfekten Mi fit Heus den
Perserkönig Sa pores l., Sohn des Ardschir, über den
Euphrat zurück; im März 244 aber räumte auch ihn des
Misl'theus Nachfolger, M. Julius Philippus von
Bvstra, Sohn eines Räuberhauptmanns, aus dem Wege.
Ein Araber also war cs, der im Jahre 248, tausend
Jahre nach der Gründung Roms, die große Säcutarfeicr
anordnete, — als hätte das Schicksal hiemit aussprechen
wollen, daß die Römer aufgehört haben, Römer zu seyn!
Schon folgenden Jahrs kam Philipp um, im Kampfe mit
Cn. Messius De eins, den die mösischen Aufrührer zur
Krone gezwungen hatten, und schon 251 stürzte sich De.
eins.in einen Sumpf, um nicht von dem Gothenkönige
Kn iw a gefangen zu werden; denn dieses früher an der
Weichsel seßhafte, allmählig aber, wie cs scheint, durch
den Zutritt andrer Stämme vergrößerte Volk zeigt sich jetzt
am Nordrande des schwarzen Meeres, und 70,000 Mann
aus seiner Mitte hatten Philippvpel erobert und in Mösien
über die Legionen gesiegt. L. Dibius Trebonianus Ga llus,
zuerst mit Hvstilian, des Vorgängers Sohne, dann,
als diesen die Pest wegraffte, allein Kaiser, machte sich
verhaßt, weil er den Frieden, durch Tribut erkaufte. Kaum
hatte daher C. Julius A e m i l i a n u s, Statthalter von Pan.
nonicu. und Mösien, andre Gvthenschwärme, die plündernd
bis zum adriatischen Meere drangen, herzhaft zurückge-
schencht, so wurde Gallus im Mai 253 verlassen und ge-
tödtet. Nicht besser jedoch ergicng cs 3 Monate nachher
bei Spolcto dem Aemilian, als P. Licinius Valeria uns,
um den Gallus zu rächen, aus Germanien heranzog, und
ein noch schlimmeres Loos stand diesem bevor, der die
Regierung mit seinem Sohne Gallienus theilte; denn
plötzlich begannen alle Gewitterwolken, die seit lange schon
den Horizont getrübt hatten, von den Gränzeu her sich
zu cutladen: die Alemannen, ein um 200 entstandner
Bund suevischer Stämme zwischen Main und Donau,
stürmten vom Oberrhcine, die Franken, wahrscheinlich
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Gordian Julius_Philippus_von
Bvstra Philipp Philipp Messius L._Dibius_Trebonianus Julius_A Gallus P._Licinius_Valeria Gallus
Extrahierte Ortsnamen: Roms Gallus Gallus Germanien Main Donau
Nachfolger des Augustus bis auf Constantin. 699
aus Brukterern, Cheruskern, Chatten und Andern zusam-
mengeflossen, ergossen sich vom Niederrheine nach Gallien,
und zerstörten, wie versichert wird, sogar die spanische
Stadt Tarragona; die Gothen schifften nach Pithyus und
Trapeznnt, nach Chalccdvn und Nicvmedien, und hinter»
ließen, wo sie landeten, nichts als Trümmer; die Perser
eroberten eine Stadt um die andre und standen im Be-
griff, auch Edessa zu nehmen, als Dalerian ihnen die
Schlacht bot: Sapvres warf ihn 260 bei einer Unter-
redung hinterlistig in Fesseln, von denen belastet er seine
Tage verschmachten mußte, und das Perserbeer drang
über Antiochien nach Klcinasien. Dazu Empörung in
Alexandrien, Sklavenausruhr in Sicilicn, Hungersnot!)
und Pest in Nom, so daß hier einezcitlang täglich 5000
Menschen starben, die Deutschen einmal bis Ravenna
vorgerückt, und ein Kaiser an der Spitze, der in Poesie
und Bercdtsamkeit, in Gärtnerei und Kochkunst bewandert,
aber nur hie und da und gleichsam stoßweise zu einem
tapfern" Entschlüsse fähig war, der den Römern Aergerniß
gab, indem er des Marcvmannenkönigs Tochter Pipa
heirathete, und dem Senat Vorwürfe machte, als derselbe
in dringendster Gefahr die Vertheidigung Italiens über-
nommen hatte. Sv geschah denn, was nicht ausbleiben
konnte: P o st h u m u s in Gallien, Ingen u u s in Jlly-
rien und Pannonien, zusammen etwa 18 Befehlshaber,
unter denen blvs ein Senator und ein Nobilis, und die
man sonderbarerweise die 30 Tyrannen nennt, erklär-
ten aus eignem Antriebe oder aus Zwang der Soldaten
ihre Unabbängigkeit; alle kamen nach und nach um, durch
Aufruhr oder in Schlachten, nicistens aber traten Andre
wieder an ihre Stelle. Endlich, als die Heruler mit
500 Schiffen aus dem schwarzen Meere segelten, und
durch Gothen verstärkt Inseln und Küsten des Archipels
plünderten, den nach sieben Verheerungen stets mit neuem
Glanze erstandnen ephesischen Dianentcmpel zerstörten,
Athen, Korinth, Sparta und Argvs schwer heimsuchten,
und mit gleicher Wuth über Jllyrien und Thrazien her-
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
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Extrahierte Personennamen: Augustus Constantin Pipa
Das Christenthum.
741
christlicher Bischof nebst Beichtkindern war im Naume des
Heiligthums begraben. Kühn und glücklich über den Ti-
gris gedrungen, zündete er die Flotte hinter sich an, litt
aber bald Mangel an Lebensmitteln und durch vereinzelte
Angriffe des Feindes. Wie er einem flüchtigen Schwarme
desselben ohne Rüstung nachsetzte, fuhr ihm ein Wurfspieß
in die linke Seite: er starb den 26. Juni 363, nicht ganz
32 Jahre alt. Sein Freund, der Redner Libanius
aus Antiochien, meint, ein Christ habe ihn gemordet; aber
der treffliche Geschichtschreiber Eutropius und Am-
mia nus Marcellinus, welche beide dem Feldzug un-
gewohnt, schweigen in ihren Werken hierüber. Jvvian
aus Pannonien, den das Heer erwählt hatte, ein eifriger
Christ, trat, was unter Dioclctian erobert worden war,
und ausserdem das feste Nisibis an Schabur ab, und starb
schon den 17. Februar 364. Sein Nachfolger, der kraft-
volle, strenge Valent in ian, ebenfalls Pannonier und
vom Heere gewählt, überließ seinem Bruder Valens
den Orient, duldete die Heiden, welche jetzt pagani,
Landlcnte, genannt werden, schützte die durch Valens ver-
folgten Athanasiancr, und sank in heftiger Anwandlung
von Zorn, während er mit den Quaden unterhandelte,
den 17. Nov. 375, plötzlich entseelt zu Boden. Die Kaiser-
würde im Occident gicng ans seine beiden Sohne, auf den
17jährigen Grat ian und den 4jährigen V a l e n t i-
nian Ii. über.
Viertes Hauptslück.
Die Völkerwanderung.
Seit den Tagen Kaiser Valerians, also schon über
ein Jahrhundert, hatten die germanischen Stämme, gleich-
sam ungeduldig nach der großen Rolle, welche in einem
neuen Zeitalter ihnen zugedacht war, an den Gränzboll-
werkcn des Römcrreichs gerüttelt. Daß sie den mürbe
gcwordnen Damm endlich überfluthetcn, dazu wurde un-
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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748
Viertes Hauptstück.
ihn selbst zu Ravenna tödtcn, und kiberdieß Weiber
und Kinder von 30,000 fremden Söldnern erwürgen, mit
andern Worten, er brachte sich auf einen Schlag um
Feldherrn und Heer; denn als nun Manch voll Grimms
in Italien einsiel, giengen die 30,000 zu diesem über, der
einer Gesandtschaft, nachdem sie viel Aufhebens von der
Volksmenge in Rom gemacht hatte, lachend zur Antwort
gab: ,,wo das Gras dicht steht, ist gut mähen." Wirk-
lich kam die weltherrschende Stadt bei der dritten Bela-
gerung , den 24. August 410, in seine Gewalt. Nach
einigen Tagen der Plünderung durchzog er Untcritalicn
bis Conscntia: dort ereilte ihn der Tod; die Gothen wähl-
ten seinen Schwager Ataulph zum Könige. Ataulph
liebte des Kaisers gefangne Schwester P la c i d i a : man
sagte sie ihm zu, wenn er den Constantia aus Gallien
treibe; allein bis er 412 die Alpen überstieg, hatte schon
ein Feldherr des Honorius denselben besiegt und ermor-
det; jetzt wollte man von der Schwägerschaft nichts mehr
wissen, er schritt also eigenmächtig zur Heirath, fiel aber
schon im nächsten Jahre, 415, nachdem er einen Thcil
Spaniens, insonderheit Barcelona, erobert hatte, von der
Hand eines beleidigten Gothen. Nach Spanien waren
auch die Verwüster Galliens, und zwar schon im Oktober
409, gedrungen: die Alanen besetzten Lusitanien, Sucven
und Vandalen Gatlicien und Altcastilien; die Silingen
nahmen den schönen Landstrich ein, der, weil auch sie zu
den Vandalen gehörten, nachmals Andalusien benannt
wurde. Ataulphs Nachfolger Wallia machte sich gegen
Uebcrlassung des Landes zwischen Garonne und Loire dem
Kaiser zu Kriegsdiensten anheischig, und versetzte wirklich den
Alanen einen so schweren Streich, daß ihre Reste mit den
Vandalen verschmolzen. Thcvderich aber erweiterte, da
Wallia 419 starb, ganz auf eigne Rechnung und sogar
als Feind der Römer, das Westgothenreich in Gallien
und Spanien; vom Niederrheine rückten die Franken vor;
am linken Rhoneufcr mußte man den Burgundern Wohn-
sitze einräumen; Britannien und Armoriea wurden unab-
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Extrahierte Personennamen: Grimms August Constantia Honorius Honorius Wallia
Extrahierte Ortsnamen: Ravenna Italien Rom Conscntia Gallien Spaniens Barcelona Spanien Galliens Wallia Gallien Spanien Britannien
Die Völkerwanderung.
751
eine Verehrerin Leos des Ersten oder Großen war, so
entschied 451 das ökumenische Cvncil von Chalccdon ge-
mäß einem Schreiben, welches dieser römische Bischof an
Flavian gerichtet hatte, daß in der einen Person
Christi zwei Naturen unvermengt, unverwandelt, uuschcid-
bar und unzertrennlich verbunden feyen. Hierüber brach
in Aegypten, Palästina und Syrien ein furchtbarer Sturm
aus, der nicht nur bis zum Tode Marciaus, 457, son-
dern auch unter Leo I. einem aus Thracien stammenden
Feldhcrrn, 457 bis 474, und unter dessen Tochtermann
und Nachfolger Zeno dem Jsaurier fortwüthete. Rich-
ten wir nun unfern Blick wieder nach Rom, so führte
dort Placidia die Regierung für den 6jährigen V a l e n«
tintan 111., den sie in zweiter Ehe (mit dem Patricier
Consta nt in) geboren hatte. Bei ihr wirkte der ehr-
geitzige, ränkevolle Aö'tius, Äisaister Nilitum oder Ober-
feldherr, die Zurückberufung des wackern Bonifacius
von der Statthalterschaft Afrika aus, indem er die Treue
desselben verdächtigte, reihte aber insgeheim zugleich den
Bonifacius, dem Befehle nicht zu gehorchen. So geschah
es, daß dieser die Vandalen aus Spanien zu Hülfe rief.
Ihr König, der hinkende Genfer ich, ein grausamer,
hochstrebender und ebenso verschmitzter als kühner Mann,
führte sie 429 herüber, fand sogleich Anhang unter der
Donatistenparthei, schlug den Bonifacius, der sich, sowie
er den Betrug ernsah, zur Gegenwehr gesetzt hatte, machte
439 Karthago zu seiner Residenz, gewöhnte sein Volk an
die See und eroberte Cvrsika, Sardinien und einen Theil
von Sicilien, obgleich er im Friedensschlüsse, seine Be-
sitzungen nicht weiter auszudehnen, mit Eidschwürcn den
Römern zugesagt hatte. Zehn Jahre, nachdem Rom mit
Karthago vollends die Provinz Afrika und an Afrika eine
unerschöpfliche Kornkammer verloren hatte, kamen deutsche
Kriegsmänner auch in das von den Legionen preisgegebne
Britannien; König Nortigern war es, der gegen die
eindringenden Pikten und Schotten von den Sachsen und
dem ihnen verwandten Stamme der Jüten Hülfe begehrt
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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752
Viertes Hauptstück.
hatte, und Hengist und Horsa nannten stch die zwei
jütischen Brüder, welche 449 die erste Schaar über das
Meer geleiteten; rasch nacheinander kamen neue Züge, und
bald hatten sich die Vertheidiger in grausame Unterdrücker
der Britten verwandelt. An allem Unglück in den Pro-
vinzen mußte das beinahe ans Italien beschränkte Römer,
reich auch nvch die Schrecken eines Bürgerkriegs erfah-
ren: Bonifacins, 452 verzweiflungsvvll in Italien ange-
langt, fand Gnade bei Placidia, aber den stolzen Aü'tius
unter den Waffen: sie maßen sich in einer Schlacht: der
Sieger starb kurz daraus an den Folgen einer Wunde,
während der überwundne Aetius zu den Hunnen floh und
mit ihrer Hülfe die Würde eines Patricias und den Ober-
befehl über alle Truppen erzwang. In dieser Eigenschaft
rückte er nach Gallien wider den Fraukenkönig Klodiv,
und war zuletzt noch so glücklich, alles, was er vorher
verschuldet hatte, durch eine Grvßthat im Interesse euro-
päischer Kultur aufzuwägen. Es wurde nämlich den Hun-
nen , nachdem sie geraume Zeit unthätig am schwarzen
Meere und der untern Donau geweidet hatten, seit 435
durch Attila und Blcda ein neuer, mächtiger Schwung
mitgetheilt. Der Erstcre ist, weit er nach Hinwegräu-
mung seines Bruders seit 445 als Alleinherrscher auftrat,
der Geschichte vorzugsweise bekannt geworden. Häßlich
wie ein Mongole, listig wie ein Grieche, eroberungssüch-
tig wie ein Römer, freute er sich, die Gcissel der Völker
genannt zu werden, und befestigte durch ein Gerücht, als
ob er das Schwert des Kriegsgvttes gefunden hätte, den
Glauben an seine Unwiderstehlichkeit. Während er jen-
seits der Wolga mit den Persern stritt, gehorchten bis
zur Elbe hin Slaven und Germanen seinem Winke, und
den Kaiser von Byzanz überzog er mit Krieg, so oft ihm
eine Forderung abgeschlagen wurde. Sv verwüstete er, 447
und 48, alles Land zwischen dem schwarzen und adriati-
fchen Meere, bis ihm Thcodosius einen großen Landstrich
im Süden der Donau abtrat, und das Jahrgeld von 700
auf 2000 Pfuud Goldes erhöhte. Damals begleitete der
i
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